Gleitzeit ist ein Modell, mit dem sich Arbeitszeiten flexibler gestalten lassen. Lange Zeit wurde die Gleitzeit überwiegend in der Verwaltung praktiziert. Mittlerweile finden sich solche Zeit-Modelle aber auch im Dienstleistungssektor sowie im Produktionsbereich. Arbeitnehmer haben hier die Möglichkeit, einen Einfluss auf die Gestaltung ihrer täglichen Arbeitszeit zu nehmen.
Gleitzeit bedeutet konkret: Sie müssen die Arbeit nicht jeden Tag zur gleichen Zeit beginnen und beenden. Vielmehr haben die Arbeitnehmer die Möglichkeit, den Arbeitsbeginn und das Arbeitsende an die eigenen Bedürfnisse anzupassen.
Wie sieht die Gleitzeit in Deutschland aus?
In Deutschland existiert Gleitzeit seit 1967. In diesem Jahr führte die Firma Bölkow aus Ottobrunn solch ein Zeitmodell in die betriebliche Praxis ein. Das Unternehmen entschied sich vor allem aufgrund von Verkehrsproblemen für die Einführung des innovativen Arbeitszeitmodells. Da alle Mitarbeiter des Unternehmens die Arbeit zur gleichen Zeit antraten, kam es regelmäßig zu einer Überlastung der Zufahrtsstraße zum Werk.
Recht schnell kristallisierten sich allerdings weitere Vorteile für Arbeitnehmer sowie den Arbeitgeber heraus. Dementsprechend ist es nicht verwunderlich, dass sich relativ bald weitere Betriebe zur Einführung von Gleitzeitmodellen entschlossen.
Die meisten Unternehmen in Deutschland, die ihren Mitarbeitern Gleitzeit anbieten, haben Kernarbeitszeiten sowie Gleitspannen definiert. Während der Kernarbeitszeit gilt für alle Mitarbeiter grundsätzlich Anwesenheitspflicht am Arbeitsplatz. Klassischerweise werden bei der Gleitzeit feste Wochenarbeitszeiten vorgegeben.
Durch die Festlegung von Kernarbeitszeiten wird die durch Gleitzeit entstehende Flexibilität natürlich eingeschränkt. Allerdings sind Kernarbeitszeiten in vielen Betrieben notwendig, um reibungslose Abläufe und die Erledigung aller anfallenden Aufgaben garantieren zu können. Wird die Kernarbeitszeit von einem Mitarbeiter verletzt, so kann dies arbeitsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.
Gleitzeit-Modelle
Einfache Gleitzeit
In der betrieblichen Praxis gibt es in der Regel zwei verschiedene Gleitzeit-Modelle, nämlich die einfache Gleitzeit sowie die qualifizierte Gleitzeit:
Diese beiden Varianten unterscheiden sich hinsichtlich des Maßes an Arbeitszeitsouveränität, welchen den Arbeitnehmer gewährt wird. So kann der Arbeitnehmer bei der ersten Variante, der einfachen Gleitzeit, zwar den Beginn und das Ende der Arbeitszeit flexibel wählen. Allerdings ist bei dieser Form die Gesamtdauer der Arbeitszeit nicht veränderbar. Gilt im Betrieb zum Beispiel eine Arbeitszeit von acht Stunden, so ist diese jeden Tag abzuleisten. Dies ist bei der qualifizierten Gleitzeit anders geregelt.
Bei der einfachen Gleitzeit mit einer Kernarbeitszeit findet keine Übertragung des Leistungsbestimmungsrechts auf den Arbeitnehmer statt. Dieses Recht verbleibt weiterhin beim Arbeitgeber.
Qualifizierte Gleitzeit
Bei der qualifizierten Gleitzeit kann der Arbeitnehmer nicht nur den Beginn sowie das Ende der Arbeitszeit selbst bestimmen. Darüber hinaus legen Mitarbeiter bei diesem Modell auch die Dauer ihrer täglichen Arbeitszeit selbst fest und können somit die Länge des Arbeitstages bestimmen. Unternehmen, die qualifizierte Gleitzeit ermöglichen, vereinbaren mit ihren Mitarbeitern meist eine monatliche oder jährliche Gesamtarbeitszeit.
Bei der qualifizierten Gleitzeit wird das Leistungsbestimmungsrecht vom Arbeitgeber auf den Arbeitnehmer übertragen, da eine festgesetzte Kernarbeitszeit fehlt. Es ist allerdings nicht so, dass der Arbeitnehmer dadurch völlig frei in der Zeiteinteilung ist. Vielmehr muss der Arbeitnehmer bei der Gestaltung seiner Arbeitszeit Rücksicht auf die Belange des Betriebes nehmen. Der Arbeitnehmer muss die Einteilung seiner Arbeitszeit so vornehmen, wie es auch ein vernünftiger Arbeitgeber tun würde.
Jahresarbeitszeitkonto
Oftmals gibt es bei Arbeitnehmern, die von qualifizierter Gleitzeit profitieren, ein Jahresarbeitszeitkonto. Die vereinbarte Arbeitszeit muss der Mitarbeiter am Ende des Jahres erreichen. Hinsichtlich der Einteilung der Tages- und Wochenarbeitszeit hat der Arbeitnehmer weitestgehend freie Hand.
Ampelkonto
Das Ampelkonto ist eine weitere Möglichkeit, um qualifizierte Gleitzeit in der betrieblichen Praxis umzusetzen. Dabei handelt es sich um ein Arbeitszeitkonto, bei dem bestimmte Grenzen definiert sind. Durch diese Grenzen kann verhindert werden, dass Mitarbeiter im Laufe der Zeit zu große Arbeitszeitguthaben oder Arbeitszeitschulden aufbauen. Bei solchen Arbeitszeitkonten gibt es zumeist zwei oder drei „Ampelphasen“. Viele Unternehmen definieren eine grüne Phase bis 30 Plus- oder Minusstunden. Hat ein Arbeitnehmer ein größeres Zeitguthaben oder größere Zeitschulden aufgebaut, so ist dessen Vorgesetzter dazu angehalten, ein weiteres Anwachsen zu verhindern. Bei 50 Plus- beziehungsweise Minusstunden beginnt in aller Regel die rote Phase. Diese darf nur vorübergehend für einen kurzen Zeitraum erreicht werden.
Langzeitkonten
Langzeitkonten sind in der deutschen Arbeitswelt noch recht neu. Bei diesen Konten können überschüssige Zeitguthaben, die ein Mitarbeiter durch Gleitzeit angesammelt hat, auf ein separates Arbeitszeitkonto überführt werden. Das gesammelte Guthaben an Arbeitszeit kann dann eingesetzt werden, um eine längere Auszeit vom Berufsleben zu nehmen. Zudem ist es auch möglich, das angesammelte Guthaben für eine Reduzierung der Arbeitszeit über einen gewissen Zeitraum zu verwenden. Eine besondere Form eines Langzeitkontos ist das Lebensarbeitszeitkonto. Hierbei wird das Guthaben an Arbeitszeit für ein früheres Ausscheiden aus dem Berufsleben genutzt.
Für wen ist Gleitzeit sinnvoll?
Unternehmen, die Gleitzeit einführen möchten, sollten zunächst gründlich prüfen, ob dies Sinn ergibt:
- Gleitzeit eignet sich längst nicht für alle Sektoren. So scheiden für die Einführung in der Regel alle Betriebe aus, bei denen Arbeiten im Schichtbetrieb erledigt werden.
- Als sinnvoll erweisen sich Regelungen vor allem für solche Unternehmen, in denen es keine Rolle spielt, zu welcher Tageszeit Aufgaben abgearbeitet werden.
- Die verschiedenen Mitarbeiter innerhalb des Unternehmens sollten für das Funktionieren von Gleitzeit möglichst wenig voneinander abhängig sein. Je mehr die Arbeit von anderen Personen abhängt, desto schwieriger ist es, Gleitzeit anzuwenden.
Die Vorteile von Gleitzeit
Gleitzeit bietet sowohl für Unternehmen als auch für die in diesem beschäftigten Mitarbeiter zahlreiche Vorteile.
Bessere Vereinbarkeit von Arbeit und Privatleben
Der wichtigste Vorteil von Gleitzeitmodellen besteht sicherlich in der besseren Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben, die daraus resultiert. Mitarbeiter eines Unternehmens haben bei flexiblem Arbeitsbeginn und Arbeitsende die Chance, private Angelegenheit sowie berufliche Pflichten zu koordinieren.
Der Arbeitsweg kann angenehmer bewältigt werden
Die morgendliche Hektik, um pünktlich am Arbeitsplatz zu erscheinen, entfällt bei der Gleitzeit. Dies führt dazu, dass Arbeitnehmer entspannter und leistungsfähiger sind.
Arbeitsbeginn kann an den eigenen Rhythmus angepasst werden
Jeder Mensch besitzt einen eigenen Chronotypen. So sind manche Arbeitnehmer Frühaufsteher. Sie haben dementsprechend kein Problem damit, bereits am frühen Morgen mit der Arbeit zu beginnen. Andere Menschen sind dagegen Spätaufsteher und erreichen ihre maximale Leistungsfähigkeit am Morgen noch nicht. In einem Betrieb mit Gleitzeit haben Mitarbeiter mit diesem Chronotypen die Chance, ihren Arbeitsbeginn etwas nach hinten zu verlagern.
Größere Motivation bei den Mitarbeitern
Gleitzeit ermöglicht Arbeitnehmern, die betrieblichen Belange in Einklang mit ihren persönlichen Bedürfnissen zu bringen. Dies führt in der Regel dazu, dass die Mitarbeiter motivierter sind und sich stärker mit dem Unternehmen identifizieren.
Rückgang von Überstunden
Sehr praktisch für Unternehmen ist der Rückgang von Überstunden, zu dem es bei der qualifizierten Gleitzeit kommt. Statt Überstunden aufzubauen, sammeln die Mitarbeiter bei größerem Aufwand Plus-Stunden auf Ihrem Arbeitszeitkonto. Diese können die Arbeitnehmer in Zeiten, in denen weniger Arbeit anfällt, für kürzere Arbeitstage nutzen.
Weniger Kurzfehlzeiten
Ein weiterer positiver Effekt für Unternehmen besteht in der Reduzierung von kürzeren Fehlzeiten durch das Ermöglichen einfacher oder qualifizierter Gleitzeit. Ohne diese Möglichkeit sehen sich viele Arbeitnehmer, bei denen eine wichtige private Angelegenheit ansteht, dazu gezwungen, für einen Tag Urlaub einzureichen oder sich krank zu melden. Durch Gleitzeit können kurzzeitige Dienstbefreiungen für private Besorgungen oder Arztbesuch auf ein Minimum reduziert werden. Die Arbeitnehmer können solche Termine einfach außerhalb der Kernarbeitszeit legen und wahrnehmen.
Die Nachteile von Gleitzeit
Gleitzeit bietet für Unternehmen und deren Mitarbeiter eine Reihe von Vorteilen. Allerdings ergeben sich durch die flexible Gestaltung von Arbeitsbeginn und Arbeitsende auch einige Nachteile, die keinesfalls vernachlässigt werden sollten.
Gleitzeit erschwert die Teamarbeit
So kann die Einführung von Gleitzeitregelungen die Zusammenarbeit innerhalb des Unternehmens erschweren. Dieses Argument ist besonders dann gravierend, wenn ein Unternehmen auf Teamarbeit setzt. Um gemeinsam zu arbeiten und zu Ergebnissen zu kommen, sollten die beteiligten Mitarbeiter natürlich möglichst auch zur gleichen Zeit anwesend sein.
Gefahr von Missbrauch
Schließlich besteht bei Gleitzeitregelungen immer die Gefahr, dass sie von den Mitarbeitern in kleinerem oder größerem Umfang missbraucht werden. So können Mitarbeiter, die Gleitzeit nutzen, falsche Angaben im Hinblick auf die eigene Arbeitszeit machen. Die stellt natürlich einen Kapitalverlust für das betroffene Unternehmen dar. Um dies zu verhindern, sind Unternehmen dazu gezwungen, ein System zur genauen Überwachung der Arbeitszeiten zu installieren. Natürlich führt der Missbrauch der Gleitzeit ebenfalls zu einem Bruch im Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber.
Können Arbeitnehmer auf Gleitzeit bestehen?
Grundsätzlich besteht für Arbeitnehmer kein pauschaler Anspruch auf flexible Arbeitszeitregelungen. Arbeitnehmer können somit nicht auf Gleitzeit bestehen. In aller Regel werden Bestimmungen hierzu in Deutschland durch Betriebsvereinbarungen getroffen. Diese handeln die Firmenleitung sowie der Betriebsrat aus. Bei der Einführung sowie der Ausgestaltung der Gleitzeit in einem Unternehmen besitzt der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht. So hat der Betriebsrat beispielsweise die Möglichkeit, die Überwachung der Arbeitszeitkonten zu fordern.
Nur in sehr seltenen Fällen werden Regelungen zur Gleitzeit im einzelnen Arbeitsvertrag zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer vereinbart.
Besondere Schutzregelungen
Bestimmte Personengruppen unterliegen besonderen Schutzregelungen, die die Anwendbarkeit von Gleitzeit innerhalb eines Unternehmens begrenzen können. Vor allem jugendliche Arbeitnehmer sowie Schwangere können qualifizierte Gleitzeit nur in einem sehr beschränkten Maß praktizieren. Für diese beiden Personengruppen gelten Höchstarbeitszeitgrenzen. So dürfen Jugendliche höchstens acht Stunden täglich und 40 Stunden in der Woche arbeiten. Darüber hinaus müssen Arbeitgeber bei der Beschäftigung von Jugendlichen beachten, dass diese alle 4,5 Stunden eine Pause machen müssen.
Generell kann es zu Schwierigkeiten bezüglich der gesetzlich vorgeschriebenen Pausenregelungen kommen. So schreibt das Arbeitszeitgesetz in Deutschland vor, dass die Ruhepausen der Mitarbeiter im Voraus feststehen müssen. Bei qualifizierter Gleitzeit ohne Kernarbeitszeit ist es empfehlenswert, die Pausen an den Zeitpunkt der Arbeitsaufnahme zu binden. So können Mitarbeiter beispielsweise dazu angewiesen werden, die vier Stunden nach Arbeitsbeginn eine Pause zu machen.
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